phänomen jeglicher kriegerischer Auseinandersetzung,[1] so war es jedenfalls gerade dieser Krieg, den George F. Kennan zurecht als «Urkatastrophe des 20.tJahrhunderts»[2] bezeichnete, der wie kein anderer zuvor in der Geschichte die grundsätzlich friedfertig motivierte Mobilität des Individuums durch eine aggressiv ausgerichtete Mobilisierung der Massen ablöste. Und in seinem Gefolge sollten sich auch die Grenzen für die Menschen mehr denn je zu einer scheinbar unüberwindlichen Barriere gestalten. Diese Abgrenzung erfolgte nicht nur nach aussen, das heisst zwischen den einzelnen Mächten und ihren Territorien, sondern allmählich immer stärker auch nach innen: einerseits bedingt durch das wachsende Misstrauen zwischen den Bürgern in der Sorge um eine Gefährdung ihrer Lebensinteressen und Lebenschancen;[3] zum anderen aufgrund der zunehmenden militärischen und ökonomischen Belastungen auch im Verhältnis zwischen den Bürgern und den staatlichen Institutionen beziehungsweise deren Repräsentanten. Speziell letzteres Problem sollte für die infolge jahrzehntelanger nationaler Auseinandersetzungen gekennzeichnete Habsburgermonarchie[4] und damit auch für die Bevölkerung des zentralen Alpen- und Voralpenraumes erhebliche, ja geradezu existentielle Bedeutung erlangen. Ihr ist daher in diesem Zusammenhang auch nachzugehen.
Bereits Jahrzehnte vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges galten bekanntlich die damals einen wesentlich grösseren Teil als heute umfassenden Alpenländer Österreichs mit wenigen Ausnahmen als eines der klassischen Auswanderungs- beziehungsweise Saisonwanderungsgebiete Europas.[5] Die Ursachen dafür sind zweifellos sehr heterogen, doch spielte der relativ geringe Grad an Industrialisierung ebenso eine wesentliche Rolle wie ein hohes Bevölkerungswachstum in Verbindung mit einer Krise der Agrarwirtschaft, verschärft infolge der weitverbreiteten Realteilung und damit Verkleinerung des bäuerlichen Besitzes. Naturgemäss führte dies zu Problemen nicht nur der Ernährung, sondern auch der Beschäftigung, so dass im Falle eines Scheiterns der kleinbäuerlichen Existenz als Ausweg meist nur die Auswanderung blieb.[6] Dieses sensible Ungleichgewicht von Überbevölkerung, landwirtschaftlicher Versorgungskrise und einer noch relativ schwach ausgeprägten verkehrstechnischen (Bahn-)Erschliessung sollte sich schliesslich in jenem Moment ganz massiv verschärfen, als die österreichischen Alpenregionen bald nach Ausbruch des Weltkrieges gleich mehrfach neuen Belastungen ausgesetzt wurden.
Zunächst aber schien sich der Krieg nur im Osten und Südosten der Mon-