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Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/251

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Schläfen, in zwei stürzenden Schritten die Bühne und schüttelte sich ganz. Die Töne versagten ihm, sein Atem flog. Er zügelte ihn, um hervorzubringen:

„Die Nacht wollen wir genießen, sie kostet vielleicht das Leben, die kostbare Nacht!“

Er gelangte, stockenden Schrittes, bis in die Lichtbahn vor der Rampe und erhob, die Handflächen hingewendet wie ein zum Sterben Bereiteter, den Blick. Das Dunkel droben war undurchdringlich. Zwischen ihren beiden schlanken Säulchen deuchte ihm jene Loge dort, die dritte rechts, schwärzer als alle: eine Galerie von Nächten, hindurchgeleitet durch Rätsel voll Grauen und voll Entzücken.

Er wiederholte, den Kopf in den Nacken gebogen: „Die kostbare Nacht“; und wie er die letzte Note aushielt, fühlte er eine Hand an der Kehle. Sie würgte ihn, weich und stark. „Die Äbtissin“, dachte er und schloß die Augen. „Sie ist es, ich sterbe … Und soll dich nicht sehen, Alba?“ Als er aber die Lider voneinander löste, entschwebten droben der Finsternis zwei kleine weiße Hände, die lautlos applaudierten. „Das ist das Glück: jetzt weiß ich, daß es mir bestimmt ist!“ — und Nello sank auf die Knie.

Kniend sang er: „Sieh, Geliebte, unser umblühtes Haus heißt uns blühen!“ — und fühlte die Töne seiner Brust entströmen, wie die unerschöpflichen Fluten des Glücks. Das Ohr geneigt, erwartete er den Einsatz seiner Partnerin. „Ihre Stimme! Ihre Stimme!“ Da fielen auf seine Hände Blumen. Gleich darauf ging eine Tür. Er sprang auf, stürzte hinaus und erreichte die Treppe früh genug, um sie zu versperren. Leichte Schritte liefen ganz oben ein paar Stufen herab, wieder zurück, und enteilten. Er war hinterher. Um eine Ecke flatterte eine Rockfalte. Unter der Tür eines Zimmers erkannte er die dunkel fliehende Gestalt. Dort hinten,

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