Bornemann: Plattdeutsche Gedichte/Der Stein aus dem Monde
[020]
En Kasus ist mie lezt passiert,
Den holl ick woll Vertellenswerth,
Moal wädder sach ick dütlich in:
Ut all to kloog — werd döämlich sin.
Wie rükken schmusiernd uns de Mütz,
Dohn breet up unsen Grips un Witz,
Wenn wie so lesen, wenn wie hör'n,
Wat unse Oll'n verquaß noch weer'n.
Dät se rümgrübelten blind in:
Wat woll en rechter Krist mücht sin?
Un bruukten män den Spruch to nenn':
Den Bohm sast du an Frucht erkenn'.
Wat schwög' ick lang von olle Tiet!
Wer üm sick hört un üm sick süht,
Begript von sülwst, noch is dät Ding
Nich änners üm en Päperling.
[021]Wie kieken hoch, dörchwöhl'n den Grund,
Un vör de Näse ligt de Hund.
Dät werd sick tügen kloar un hell,
Wenn ick den Kasus nu vertell.
Ick treckte von dät Plögen rin
As schon de Stär'n am Himmel stünn':
Doa flog den Oß wat an dät Höär'n,
Mien Oß däh ossig sick verfär'n [1].
Ick denk: wer Düwel schmitt denn doa?
Seh kenen Minschen wiet noch noah —
Ick grabbel rüm — doa ligt en Steen —
Den wist du moal to Huus' besehn.
De Steen was all en hübscher Kluut.
Sach glinsterig, schwart bröcklich ut.
Potz Velten! — feel so gliek mie in:
Dät mag woll goar en Moandsteen sin!
[022]Et was nu justement de Tiet
Wo vöäle hochstudeerte Lüd,
Biem Eddelmann den Grips sick mät'n,
Vör allen öäber düchtig frät'n.
Allbott den Achten im August,
(T'is midden in de Hundsdoag just)
Stell'n se tosamm sick richtig in,
Dät se den Witten-Steen ersinn'.
Mänchmoal list Ener ok wat vöär;
De Ännern, sitten denn drüm her,
Bedächtig stütten se dät Kinn,
Hohgappen, nikken, schloapen in.
De Eene — söcht de Stären sick
Am hogen Himmel Stück vör Stück:
Den Quark hier unnen, kennt he knapp,
Hölt schwarte Seep — vör Kinnerpapp.
De Änner — huckt bie Fü'r un Flamm,
Schmoolt Tüg von änner, Tüg tosamm:
Doch word en Hecht-Oog lezt den Keerl
Moal anschmärt vör'n unriepe Peerl.
[023]De Dritte — räkt mit a plus b
De Flokken ut fällt grooter Schnee.
Man een Exempel werd äm schwoar:
Wat he verdeent un brukt in't Joahr.
En Veerter — sprikt von Oadam an
De Sproaken all — dät is en Mann!
Dütsch — kümmt nich öäber siene Tung,
Dät sprikt jo jeder Stroaten-Jung.
Von sonnen hochstudeerten Stamm
Koam'n se bie Dutzenden tosamm,
Un zanken sick üm Kaisers Boart
So recht up Kettelflikker Oart.
Ick nam den Steen un wees' en vöär:
Wie Wülwe feel'n se dröäber her.
Ick mußt vertell'n woll fäftigmoal:
Wie? wo? wenn? wat? — de Steen kam doal.
T'is hitzig nu drup los gegoahn,
Se leeten Ät'n un Drinken stoahn.
En jeder kroamte sien Latin,
Woll klöger as de Ännern sin.
[024]Ick heb den Upstand goot benuzt,
Mänch Glas von hinnen utgepuzt:
Se merkten öäber bald den Paß
Un heel'n de Hand nu up dät Glas.
As jeder denn mit Kopp un Stütz
Har von sick geben sienen Witz,
Bin ick denn ok mit mienen Kroam
Eenfältiglich to Marcht gekoam.
Ick sprack: — Jie hem geschwögt genoog
Herr Lehmker — un Herr Fiddel-Jooch,
Herr Mathes Oß — Herr Casper Drohm: [2]
Därf ick to Woort zund ok moal koam?
[025]Socht Mäncher sienen Esel up
Un satt mit beide Külen drup.
En Buur is keen studeerter Mann,
Kikt alles män mit Eenfalt an.
Doch erst bidd ick mie ut vör all'n,
Nich blaffig mie in't Woort to fall'n:
To schimpen nich, as jie gedoah'n,
Un Düwels Lache uptoschloan.
Wenn jeder fründlich, schlicht un recht
Besunnen siene Meinung segt,
Nich obsternoat steit up den Kopp,
Krigt bald 'ne Sach den rechten Propp.
Ick weet, jie räken hochgeschickt:
(De Mathees Oß, hät fründlich nickt.)
Seht Äppel in den Moand am Bohm:
(Jizt schmusterte de Casper Drohm.)
Doch wat im Weeg ju hüpig steit,
Is just de Hochgelahrsoamkeit:
Doa werd, wat mänchmoal schon gescheh'n,
De Wald vör Böhme nich geseh'n.
[026]„ De Steen weer ut den Moand gekoam?“
Den Keerdel mücht ick kenn' mit Noam,
Dem sönne Forsch in Knoaken sitt,
Dät he vöäl Dusend Mielen schmitt!
Wenn't Volk im Moand so schmieten künn,
Topp! — jede Wedde schloag ick in! —
Se klüterten nich mienen Oß,
Up jue Kribbelköpp güng't los.
„ De Steen brännt sülwst sick in de Luft:
„Dät Tüg doato schwemmt as en Duft
„In Wulken rüm, denn kümmt de Flamm,
„Un schmöölt den Grußt to'm Steen tosam.
Anhören lett sick dat ganz schön:
So just werd Lehm, to'm Muersteen:
Un ganz natürlich güng et to,
Regeerte sick de Pracher so.
Hier weer män erst moal to probeer'n,
Of Steengrußt sick so fien lett röhr'n,
To stiegen, so wie Woaterduft,
Hoch öäbern Wulken in de Luft.
[027] T'is alles nischt! — Vör olle Tiet,
(Wie schlichtverständge Lüd noch hüt)
Hem se von Stären-Schnuppen sproak'n,
Doa lett sick woll en Versch drut moak'n.
Wat boaben steit, an't Himmelszelt,
As Lichter, is't uns hengestellt;
Will'n jie't nich glöben? — schloagt män drup
Cappittel I, Book Moses up.
En Docht mütt sin in Lamp un Licht:
Wenn nu de Docht en Öäsel [3] krigt,
So werd he puzt, dät is de Schnupp —
Nu sind wie up de Flausen drup.
Sön Stären-Licht, von Waß un Talg,
Is g'wiß en unflätsch grotet Balg,
Un dikker woll as ganz Berlin,
Wät mütt dät nich vör'n Öäsel sin!
[028]Bie Stroaten-Lampen, is et mit
Dät Putzen nich so Bruuk un Sitt.
Bränn oder nich — dät gell't gliek vöäl:
So spoaren se dät düre Öähl.
Am Himmel öäber, un mit Recht,
Puzt immer rüm de Lampen-Knecht.
Werd nu gepuzt, de Flamm gepurrt,
So glitscht woll moal sön Öäsel furt.
Sön Öäsel glöäst [4] denn noch en Enn,
Im Runnerfall'n verlöscht he denn,
Wie jeder dät bie Oabendtiet
An alle Stären-Schnuppen süht.
Dät is denn doch woll wißlich woahr,
Sön Öäsel bruukt vöäl Hunnert Joahr,
Ehr he to uns herunner strikt —
(De Mathees Oß — hät wädder nickt.)
[029]Verwittern un verfulen mütt,
Wat nich versteenert, mit de Tiet;
Dät is bie Holt un Knoaken so: —
(Doa nickt de Lehmker fründlich to.)
Kann nu im langen Runnerfall'n
Sön Öäsel sick in Steen verball'n,
So lang't he endlich bie uns an,
As Steen — un fäll't denn wo he kann.
Drüm sind de Stärenschnuppen-Steen
So schmuddlich bröcklich antosehn,
Un fallen män so seltenlich,
Denn jede Schnupp versteenert nich.
Rift ener an den Steen wat hart,
So moakt he sick de Fingern schwart:
Dät kann ok goar nich änners sin,
Lichtschnuppers jucksen ut un in.
Handgrieplich heb ick, wie mie dücht,
De Sach gestellt in't rechte Licht:
Wer richtig mit Fief Sinne süht,
Tritt ok gewiß up miene Siet.
[030]Ick schweeg nu still. De Herren stunn'
Wie Botter an de warme Sunn.
Denn sprack von Hinn', sön dröger Specht:
„De Buur — up siene Oart — hät Recht.“
Original-Footnoten
- ↑ Verfähren: etwas gefährlich halten und bezeichnet im Plattdeutschen das hochdeutsche: erschrekken.
- ↑ Der gemeine Mann faßt Worte und Benennungen aus fremden Sprachen, nur nach dem Ohrklang auf, und sucht nun deutsche Formen solchen Worten anzupassen, wobey nicht selten, wahrscheinlich mehr zufällig als absichtlich, Witzspiele sich zeigen. So verdeutscht er sich aus castrum doloris, einen Casper Lorenz: aus Backalaureus, einen Bakkelars etc. In ähnlicher Art hat sich hier ganz treuherzig unser Bauersmann, aus Chemiker, einen Lehmker: aus Philolog, einen Fiddel-Jochen: aus Magister Matheseos, einen Mathees Oß: aus Astronom, einen Casper Drohm, gebildet.
- ↑ Öäsel — ist nicht übergegangen ins Hochdeutsche; es wird damit die Lichtschnuppe in dem Zustande bezeichnet, wo in der Lichtflamme schon ein glimmender Schnuppenwulst sich gebildet hat, der das Leuchten stört.
- ↑ Glöäst, von glöäsen, hat eine Mittelbedeutung zwischen glühen und glimmen.
Wikiborn-Footnoten