„Und sie nennt ihn du?“
Lola wandte den Bogen; oben trug er: „Mein Geliebter!“
Alles in ihr stand still. Sie war vor sich selbst erschrocken, vor der, deren Geist die beiden Worte wiederholt hatte. Zögernd weiter: — sie warf den Brief hin und sagte laut:
„Er war ihr Geliebter.“
Sie fiel auf einen Stuhl und hielt sich die Ohren zu.
„Ich will es nicht glauben! Es ist nicht wahr; ich bin krankhaft mißtrauisch!“
Aber da lag der Brief. Mai schwur ihrem Geliebten, daß von diesem einzigen, so kurzen Glück den ganzen Rest ihres Lebens ihr Herz sich nähren sollte. Und plötzlich warf Lola die Arme in die Luft, haltlos, zwischen Abgründen, mit einem Schauder vor dem Schicksal, das stumm gewesen war und auf einmal mit verfaultem Atem ein scheußliches Wort ausstieß.
„Sie hat mich verkauft: schlimmer, sie hat mich mit in den Kauf gegeben, bei dem sie ihn bekam! Er wollte uns beide! Ich wußte das und war so blind? Immer noch gibt es Schleier wegzuziehen? Mein Gott! was wird noch kommen … Bin ich denn ganz anders als alle? Auf den Gedanken, der der erste jeder Frau wäre, verfalle ich nie … Und sie hat mir, nun sehe ich’s, den Verdacht fast aufgedrängt: gleich vor meiner Hochzeit, als sie ein letztes Mal um ihn kämpfte. Wie hat sie mich gehaßt! Als sie verlangte, ich solle ihn lassen! Natürlich: ihren Geliebten! Eine Mutter ist das, eine Mutter!“