Jump to content

Page:H.M. Venus.djvu/253

From Wikisource
This page has been proofread.

erinnern sich wohl, das war es, was ich am meisten fürchtete.“

Sie wollte nichts wissen. Es war wieder eine ganze Seele voll von Pein, die auf sie zuflatterte. Sie wehrte trotzig ab.

„Ich bin ein wenig müde; ich habe zu viele Männer gehabt.“

Er errötete tief.

„Sie müssen doch verstehen, wie sehr ich darunter leide, mit welcher blinden Selbstaufopferung ich gezwungen bin Sie zu lieben — nach so vielen!“

„Ich verlange es nicht.“

„Aber ich selbst verlange es! Ich will Sie nie besitzen! Ein Idol sollen Sie mir sein, Sie, die Geliebte der Zahllosen! Ich will an Ihnen nicht einmal mehr deuten, raten, formen, wie ehemals, als ich Sie bloß erst aus der Ferne kannte und in meiner Tiefe. Ich will nur noch auf das Unsägliche in Ihrer Seele horchen — ohne die Sucht nach Worten dafür.“

„Was begehren Sie also von mir? Das unmögliche Werk, das Sie niemals schreiben werden?.. Ach, ich kenne das alles. Diese Beschwörungen, diese rechthaberischen Forderungen im Namen eines Werkes, diese Verzückungen und Ernüchterungen: ich habe sie schon einmal durchgemacht. Schließlich verläßt man sich ohne Genugthuung und denkt mit Grauen daran, wie sehr man sich gequält habe,“

Sie setzte insgeheim hinzu: „Und du bist dazu verurteilt, mit deinen Werbungen jedesmal dann herauszukommen, wenn mich Kopf und Nieren schmerzen, und

237