„Nabend Herr Professer, das freut mich, daß es Ihnen in mein Lakal gefallen hat.“
„Ich wollte nur — ich meinte nur — die Künstlerin Fröhlich…“
„Gehn Sie man rein und warten auf ihr, es is ja man eben sieben. Ich bring’ Sie auch ’n Bier.“
„Danke,“ rief Unrat zurück, „ich bin nicht gesonnen zu trinken … Aber —“ und er streckte den Kopf aus der Tür — „späterhin werde ich wahrscheinlich eine größere Bestellung machen.“
Darauf zog er die Tür zu und tappte in die Nacht der Garderobe hinein. Als es ihm gelungen war, Licht zu machen, räumte er Korsetts und Strümpfe von einem Stuhl, setzte sich an den Tisch, auf dem es noch wie gestern aussah, nahm seine Lehrer-Agenda aus der Rocktasche und begann aus den Nummern hinter jedem Schülernamen die vorläufige Bewertung der Leistungen zu bilden. Bei E angelangt, sprang er eilig zu M über, gerade wie am Morgen in der Klasse. Hinterher besann er sich, schlug zurück und versah Ertzums Namen mit einem wütenden Ungenügend. Kieselack kam an die Reihe, dann Lohmann. Das Zimmer war lautlos und sicher, und Unrats Mund gekrümmt von Rachsucht.
Nach einer Weile schienen sich im Saal die ersten Gäste niederzulassen. Er geriet in Unruhe. Die dicke Frau von gestern trat ein, unter einem schwarzen Hut mit wilder Krämpe und sagte:
„Ja was denn, Sie, Herr Professor? Das sieht ja aus, als ob Sie hier übernachtet hätten!“