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Irische Texte/1/Die altirischen Hymnen/Patrick's Hymnus

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7. Patrick’s Hymnus.

Dieser merkwürdige Hymnus wird dem S. Patrick selbst zugeschrieben. Nach der Vorrede soll er ihn für sich und seine Mönche zum Schutze gegen die Nach­stellun­gen des Königs Loegaire gedichtet haben. Er war aber dann für Jeden eine Lorica gegen allerlei Feinde des Leibes und der Seele; er hiess faed fiada, was Stokes mit „guard’s cry“ übersetzt. Stokes theilt auch eine zweite Version mit, die sich in der Vita Tri­partita S. Patricii findet (Oxf. Ms. Rawl. B. 512). Ich habe dieselbe zwar nicht neu col­lationi­ren können, lasse sie aber trotzdem hier nach Stokes abdrucken (B), weil sie für die Kritik von grossem Werthe ist. Dieser Hymnus hat sicher ursprüng­lich metrische Form gehabt. Dieselbe ist aber durch Inter­pola­tionen und durch Ab­änderung des ursprüng­lichen Wortlauts sehr [ 53 ]ver­dunkelt worden. Auf die Spuren der metri­schen Form habe ich in den An­merkungen unter dem Texte hinge­wiesen, ohne im Texte selbst etwas zu ändern. In der Ab­theilung der Zeilen bin ich nur V. 53–57 von Stokes abge­wichen.


     Atomriug indiu niurt[1] trén togairm trinoit
     cretim treodataid foisitin[2] óendatad i n‑dúlemain dail

[ 54 ]

      Atomriug indiu niurt gene Crist cona bathius
4                             niurt crochta cona adnocul[3]
                               niurt n‑eseirge co fresgabail
                               niurt tóniud[4] do brethemnas bratha.

     Atomriug[5] indiu niurt grád[6] hiruphin
8                                i n‑urlataid aingel
                                  i frestul archaingel
                                  hi frescisin eseirge arcenn fochraice
                                  i n‑ernaigthib huasalathrach
12                              í tairchetlaib fátha

[ 55 ]

                                  hi praiceptaib apstal
                                  i n-hiresaib fuismedach
                                  i n-endgai nóemingen
16                              hi n-gnímaib fer fírean.

     Atomriug[7] indiu niurt nime
                                  soilse gne
                                  etrochta snechtai
20                              áne thened[8]
                                  déne lóchet
                                  luathe gáethe
                                  fudomna mara
24                              tairisem talman[9]
                                  cobsaidecht ailech.

     Atomriug indiu niurt Dé dom luamaracht[10]
                               cumachta Dé dom chumgabail
28                           ciall Dé domm imthús
                               rosc Dé domm reimcíse
                               cluas Dé dom éstecht
                               briathar Dé dom erlabrai
32                           lám Dé domm imdegail
                               intech Dé dom remthechtas

[ 56 ]

                               sciath Dé dom dítin
                               sochraite Dé domm anucul
36                           ar intledaib demna[11]
                               ar aslaigthib dualche
                               ar irnechtaib aicnid
                               ar cech n‑duine mídúthrastar dam
40                           í céin ocus i n‑ocus
                               i n‑uathed ocus hi sochaide.
Tocuirius etrum thra na huile nert so[12][13]
fri cech nert n‑amnas n‑étrócar fris tí dom churp ocus domm anmain
44                           fri tinchetla saibḟáthe
                               fri dubrechtu gentliuchta
                               fri sáibrechtu heretecda
                               fri himcellacht n‑idlachta
48                           fri brichta ban ocus goband ocus druad
                               fri cech fiss arachuiliu anman duini.

[ 57 ]

                               Crist domm imdegail indíu ar neim[14][15]
                               ar loscud ar badud ar guin,
52                           conom thair ilar fochraice.
                               Crist lim Crist rium Crist im degaid
                               Crist innium Crist íssum
                               Crist úasum Crist dessum
56                           Crist tuathum Crist illius
                               Crist isius Crist i n‑erus.

                               Crist i cridiu cech duinc immim rorda,
                               Crist i n‑gin cech óen ro dom labrathar,
60                           Crist in cech rusc nom dorcædar,
                               Crist in cech cluais ro dam chloathar.

[ 58 ]


                               Atom riug indiu niurt trén togairm trinoit
                               cretim treodataid f. o. in d.

                               Domini est salus domini est salus Christi est salus
                               salus tua domiue sit semper nobiscum.


Anmerkungen
  1. Ist niurt (ueurt B) mit Stokes als Dativ oder ist es als Accusativ zu fassen? Für den Dativ spricht zunächst die Form als solche; den unver­kennbaren Acc. finden wir V. 43 in fri cech nert (fri cech neurt B). Dass die Dativ­partikel do fehlt, ist auf­fallend, darf aber als eine besondere Alter­thümlich­keit gedeutet werden, die Stokes Goid.² p. 154 noch ander­weitig belegt. Be­denklich ist das n hinter niurt V. 5. Allein dies beweist zunächst nur, dass der Schreiber der Hdschr. niurt für den Acc. hielt. Hat doch der Schreiber von B sogar ciall, rosc u. s. w. V. 28 fl. wie Accu­sative behandelt. Wäre niurt wirklich Acc., so müsste man das n auch vor gene V. 3, vorV. 26 erwarten, wo es weder in A noch in B vorhanden ist. – Wie togairm trinoit zu con­struiren ist, lässt sich nicht leicht ausmachen. Stokes übersetzt „an in­vocation of (the) Trinity“, indem er trinoit als un­regel­mässige Genetiv­form auffasst. Durch die Wieder­holung des Verses am Ende des Hymnus ist der Wortlaut desselben gut verbürgt, so dass es gewagt wäre, ihn durch Con­jecturen zu ändern. Ich halte trinoit für eine Appo­sition zu togairm, obwohl dieses Wort im Félire aller­dings mit dem Gen. con­struirt zu werden pflegt, vgl. togairm Semeoin Jan. 5, togairm Findtain Febr. 21, Alexandri 26; togairm aber ist wahr­schein­lich eine verkürzte Dativform (Z.² 269), der Con­struction nach zu niurt parallel stehend.
  2. foisitin Stokes, foisin Ms. (A). Stokes verweist auf Lib. Hy. fol. 11: cretem óenatad co foisitin tredatad (Goid.² p. 101). Er über­setzte: „I believe in a Threeness with con­fession of an Oneness in (the) Creator of (the) universe“, hat aber neuer­dings i n‑dulemain dail durch „in Deo judicii" erklärt. Ich nehme daran Anstoss, dass St. übersetzt, als ob auch in unserem Texte co foisitin über­liefert wäre. Da die Prä­position auch V. 63 fehlt, so ist es be­denklich sie ohne Weiteres zu ergänzen. Viel­leicht ist foisitin gleich­falls Dativ, parallel zu niurt; dann möchte ich aber auch cretim ebenso auffassen (nicht 1. Sg. Praes., sondern Dat. Sing. von cretem), freilich dadurch genöthigt treodataid in treodatad umzu­ändern. Für meine Auf­fassung von cretim spricht, dass auch in den folgenden Stücken atomriug das einzige Verbum ist. Endlich aber wird óendatad in óentad zu ändern sein, wenig­stens ist mir erstere Form sonst nicht vorgekommen. Dann besteht V. 2 aus drei fünfsilbigen Stücken.
  3. in B: … is neurt a croctha cona adnacul neurt a esseirgi cona freasgabail neurt a thoiniuda fri britliemnus m‑bratha.
  4. niurt toniud A, neurt a thoiniuda B. Du in den drei vorhergehenden Versen ein Gen. von niurt abhängt, so ist wohl auch hier (nach B) niurt toniudo zu schreiben. Dann hat V. 6 zehn Silben, während die vorhergehenden nur acht haben. Ist bratha zu streichen?
  5. V. 7—16 in B: Attoriug neurt graid hiruphin i n‑erlattaid aingiul i frestal na n‑archaingiul i frescisin (sic) n‑esergi ar cend focraici i n‑ernaigthi uasalathrach i taircetlaib fáthi i preceptaib apstal i n‑irisib fáismedach i n‑endccai nóebingen i n‑gnímaib fer fírioin.
  6. Stokes fasst grád als Gen. Plur. Allein sollten wir dann nicht n an der Spitze des folgenden Wortes erivarten? Dazu kommt, dass die Cherubim doch nur einen „grad“ (ordo) der himmlischen Heerschaaren bilden. Vgl. Lib. Hy. 11b (Goid.² 67): Iseat so i. na IX n‑grad (sic) sa i. angeli archangeli virtutes potestates principatus dominationes troni hiruphim et saraphim. Es ist dies eine bekannte mittelalterliche Vorstellung. Daher ist entweder graid zu schreiben, oder es ist grad ein zu niurt parallel stehender Dativ. Was die übrigen Verse anlangt, so hat Stokes mit Recht V. 9 aus B ergänzt, nur glaubte ich nach Analogie von V. 8 den Artikel weglassen zu dürfen. Denn die meisten der folgenden Zeilen haben sechs Silben. Am meisten weicht V. 10 ab: diesen halte ich auch desshalb für nicht hierher gehörig, weil er in auffallender Weise die Aufzählung heiliger Personen unterbricht. V. 14 enthält sieben Silben: nimmt man am Plural Anstoss, so könnte man i n‑iriss schreiben; legt man Gewicht auf die Uebereinstimmung beider Handschriften, so könnte man i n‑irsib schreiben (Gen. Sing. irise und irse Z.² 241). Dann bleibt nur noch V. 11 mit acht Silben übrig.
  7. 17–25 in B: Attoriug neurt nime soillsi gréine etrochta ésci luathi gaithi fudomna mara tairismigi talman cobsaidi alech.
  8. Wie die Aspiration nach áne und die Form tairisem bcweisen, sind alle ersten Wörter als Nominative zu fassen. (Stokes übersetzt ungenau: „In light of Sun“ etc.) In V. 18, 20, 21, 22 sind je vier Silben, in V. 19, 23, 24, 25 sind je fünf Silben. Da nun ausserdem etrochta snechtai (vgl. jedoch die Aenderung in B) die Reihe der feurigen Dinge unterbricht, so wird es wohl ursprünglich hinter luathe gáethe gestanden haben.
  9. talmain Ms.
  10. V. 26–11 in B: Attoriug indiu neart dé dom lúamairecht cumachta n‑dé dom congbáil ciall n‑dé dom thúr (sic) rosc n‑dé dom imcaisin clúas n‑dé dom éistecht briathar n‑dé dom erlabrai läm u-de dom imdegail intech n‑dé dom remthechtus Sciath dé dom imdíten sochraiti dé dom anacul ar indledaib demna ar aslagib dualach ar foirmdechaib acnid ar cech n‑duine midúthracair dam i céin anoccus i n‑uathud i sochaidi.
  11. 36–41 Auch dieses Stück wird ursprünglich eine bestimmte metrische Form gehabt haben, es ist aber schwer dieselbe zu restituiren. Sechs Verse (von niurt Dé an gerechnet) haben sechs Silben, V. 34 ist durch Aufnahme von imdíten (aus B) gleichfalls auf sechs Silben zu bringen. Gewagter wäre es V. 33 remthecht vgl. tairmthecht Z.² 879) für remthechtas zu schreiben. Aber es bleiben V. 28, 30 mit fünf, V. 31 mit sieben, V. 27, 35 mit acht Silben; die letzten drei Zeilen haben neun, sieben, neun Silben, wenn die bekannte Abkürzung für „und“ richtig durch ocus ersetzt ist. – V. 38 übersetzt Stokes jetzt: „Against solicitations of nature“ (Remarks² p. 70). V. 28 ist domm imthús von Stokes durch „to guide me“ übersetzt.
  12. V. 42–49 in B: Tochuiriur etrum indiu inna hule neurta sa fri cech neurt n‑amnus n‑étrocar fristaí dom churp ocus dom anmain fri taircetlaib saebfáthe fri saebrechtaib ban ocus goband ocus druád fri cech fis aracuiliu corp ocus anmain dam.
  13. 42–49 Der Unterschied der beiden Handschriften ist hier sehr gross. Schreibt man V. 46 hertecda für heretecda, so haben V. 44–47 je sieben Silben. Lin. 42, 43, 48, 49 haben entweder nie eine metrische Form gehabt, oder dieselbe bis zur Unkenntlichkeit verloren. Zu V. 42 vgl. Fis. Ad. 1: tócurid dochum nimi chuci lucht na deirce („he calls up to him unto heaven the folk of charity“ Stokes). Stokes übersetzt: „So have I invoked all these virtues bctwecn me [and these] against every cruel, merciless power.“ Tocurius ist jedoch soviel als invitari, ascivi; vgl. is indarbud demna, is tocuired aingel Fél. Epil. 53. Durch Ergänzung von „and these“ sucht Stokes die sonst bei eter übliche Construction herzustellen (vgl. Z.² 656), aber worauf soll sich „these“ beziehen? „Zwischen“ verlangt immer zwei Parteien, könnte die Bezeichnung der zweiten hier vielleicht durch fri eingeleitet sein? V. 49 übersetzt Stokes: „Against every knowledge that defiles men’s souls“. Allein die Bedeutung von arachuiliu ist nur errathen, indem Stokes an „col Gen. cuil sin“, ferner an arruculigestar i. sechis arruneillestar gl. pro[fa]nante Ml. 63a erinnert und ein Verb archuilim voraussetzt. Beitr. VII, 54 betrachtet er arachuiliu als „U-imperfect“ („with an obscure infixed pronoun“ Goid.² p. 156); wo aber bleibt die Imperfectbedeutung? Für anman verlangt Stokes anmain „acc. pl of anim“; anmain ist aber Acc. Singularis, ebenso duini Gen. Sing.
  14. V. 50—61 in B: Crist dom imdegail ar cech neim ar loscud ar bádudh ar gnin conimraib ilar fochraici.

    Crist lim . Crist remam . Crist imm degaid . Crist innum . Crist isum . Crist úasum . Crist dessum . Crist tuathum . Crist illius . Crist ipsius (sic) Crist i n‑erus . Crist hi cride cech duine ro dorn scrútadar Crist a n‑gin cech duine ro dom labradar Crist i rusc cech duine ro dom decadar (sic) Crist i cluais cech duine ro dorn cluinedar.

    Domini est salus . Domini est salus . Salus Christi tua domine sit semper vobiscum. amen.

  15. V. 50–61 Constituirt man V. 50, 51 nach B, so erhält man zunächst vier Verse mit je acht Silben; darauf folgen dann vier Zeilen zu je sechs Silben. V. 58–61 bilden wieder ein System für sich, in welchem abermals B das Ursprünglichere gewahrt zu haben scheint. Liest man V. 58 Crist i cridiu cech duini (vgl. V. 49.) dom scrútadar, so erhält man vier Zeilen zu je elf Silben, von denen jede mit einem dreisilbigen Worte schliesst. V. 60 und 61 sollten wir i für in erwarten.