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Rieke un Dürth

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Rieke un Dürth.
Author: Fritz Reuter
Text type: Gedicht
Comment:

from: Polterabend-Gedichte

1855

:

(Dienstmädchen des Bräutigams, der, in einer
Stadt wohnend, eine Dame vom Lande heiratet.)

        Rieke (mit einem toten Hahn in der Hand):
Oh, Jemine! Dei Hahn is dod!

Dürth (mit einem verdeckten Korbe):
Du leiwer Gott! Du leiwer Gott!

Rieke:
Dat Unglück, ach dat Unglück, Dürth!
Wat seggt dei Herr, wenn hei dat hürt?
Uns' einzigst Veih, uns' einzigst Diert!
Wat wad hei seggen, wat wad dat geben,
Wenn unse Hahn nich mihr an'n Leben!

Dürth:
Ih, laat em seggen, wat hei will;
Wi schwiegen ok am En'n nich still,
Un gnurrt un gnatzt hei ok en bäten,
Hei wad tauletzt uns doch nich fräten,
Taumal doa wi unschüllig sünd.
Doa starwt so männig Minschenkind,
Dat dei Doktors mit latinsche Brocken geliehrt
'rin in dei annere Welt spediert,
Un wenn't dei Dokters deiht passieren,
Kann uns uns' Hahn ok woll krepieren.

Rieke:
Ja, Dürthen, dat is all recht gaut,
Doch möt'ck mi ängsten bet up't Blaut.
Nee, segg doch mal; bedenk doch bloß,
Is nich bi em de Deuwel los,
Wenn man sien Ferremetz anfött,
Wenn hei sien Pittschaft kann nich finn'n,
Un wenn dei Piepen anners stünn'n,
As hei sich't in den Kopp gesett't?
Hei's murrig un knurrig,
Hei öckert un gnöckert,
Hei gnitzt un gnatzt
Den ganzen Dag,
Is sich un ann're Lühr tau Plag.
Ja, Dürthen, dat is ganz gewiß,
Dat hei en ollen Gnurrpott is.

Dürth:
Tauwielen, ja! Dat gew ick tau!
Doch ümme is hei ok nich so.
Tauwielen is hei so manierlich,
So schmäusterlich un so schanierlich,
As man en Mannsminsch weesen kann.
Un wenn'ck em männigmal mi kek so an,
Dehr dei Gedank tau Kopp mi stigen:
Hei künn vielleicht von uns ein friegen. –
Ja, schönen Dank! Dei Saak was Essig!
Vörgistern Abend reep hei mi,
Un mit uns' Bruutschaft was't vebi:
    »Hör, Dörthe, du bist zuverlässig.
    Wenn dessen ich nicht sicher wäre«,
    Sähr'e,
    »Ich würd' es dir gewiß nicht sagen.
    Ich fühl' im Herzen eine Leere«,
    Sähr'e,
    »Die kann ich länger nicht ertragen.«
Nu kümmt doa wat, nu meint hei di!
Nu geiht dat los, dacht ick bi mi,
Maakt Oogen as 'ne Ent, wenn't dunnert.
Hei schient doaräwe sihr vewunnert,
Un sprök alsdann tau mi:
    »Ja, liebe Dörthe, ich will frei'n.
    Das Mädchen, welches ich verehre«,
    Sähr'e,
    »Ist schön, ist sauber und stets fein;
    Ein sittsam Mädchen ist's, auf Ehre«,
    Sähr'e,
    »Un höllisch auf die Rendlichkeit,
    Drum gebe ich dir diese Lehre«,
    Sähr'e,
    »Befleiß'ge dich der Rendlichkeit,
    Denn hör' ich, daß sie sich beschwere«,
    Sähr'e,
    »Sind wir geschiedne Leut!«
Doa güng hei hen, nu fläut em nah!
Ick stünn as Botte an dei Sünn
Un wunnert mi, dat ick noch stünn,
Dat ick nich in dei Ahnmacht sackt,
So hahr mi dese Nahricht packt.

Rieke:
Na, sühst du woll, dat sähr ick jo,
Wenn in dei Letzt hei ümme so
Vedutzt, vedäst herümme güng,
Dat dat mit em nich richtig stünn.
Den Herrn N. N. sien hübsche Schweste,
Dei leggt nu nahsten in uns're Neste,
Dei meint hei mit dei Sittsamkeit
Un mit dei groote Rendlichkeit.
Ach wier'n wi doch mit heile Hut
Man ierst ut desen Huus' herut!
Wi hahrn uns nu all beir en bäten
Recht schön up unsen Pelz gefräten,
Du sast man seihn! Du wast't erleben,
Dei wad uns dei Botte up't Brod nich geben!
Dei olle Tied, dei kümmt nich werre,
Ut uns're Hut schnitt sei sich Lerre.

Dürth:
Du dumme Trin! Wat föllt di in?
So schlimm wad't nich, as man sich't denkt;
Sei wad gewiß so bös nich sin,
Süs hahr hei ehr sien Hart nich schenkt.
Wenn wi man gaut sünd, is sei gaut,
Drum lustig tau mit frischem Maut!
Wie möten't Leben sacht ehr maaken;
Sei lett up't Land so vähle Saaken
As Gras un Loof un gräune Wisch,
Un Bööm un Luft un Sünnenschien,
Süll dat vör ehr veloren sien?
Hier in dei Stadt, doa find't sei't nich,
Wenn nich up unse Angesicht;
In't Minschenoog, wenn't woll geföllt,
Doa speigelt sich dei ganze Welt.

Rieke:
Ja, ja, mien Dochte, du hest recht!
Dei ganze N. N.sch Oart is echt.
Doch lett sei up dat Land, mien Kind,
Noch Saaken, dei s' bi uns nich find't,
Dei Ossen, Pier, dei Schwien un Käuh,
Dei Enten, Gäus' un all dat Veih.
Wer an dat Veih sich hett gewen'nt,
Nicks Beters in dei Welt mihr kennt.

Dürth:
Ih, wat! Wi hebben jo unsen Hahn.

Rieke:
Dei Hahn is dod!

Dürth:
Du leiwe Gott!

Rieke:
Na, hür mal, Dürthen, weitst du wat?
Wi hebbn jo äwest noch dei Katt!
Süh, wenn sei sich mit em hett schnurrt
Un wenn sei brummig is un knurrt,
Denn bringen wie ehr unsre Katt!

Dürth:
Denn bringen wi ehr unsre Katt!

Rieke:
Un wenn sei truurig is un weint
Un sich so recht velaaten meint,
Denn bringen wi ehr unsre Katt!

Dürth:
Denn bringen wi ehr unsre Katt!

Rieke un Dürth (die eine Katze
aus dem Korbe nimmt):
Hier is dei Katt! Hier is dei Katt!
Dei schöne Katt! Dei leiwe Katt!
Frau N. N., seggen S', is dat nich wat?