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Page:Labi 1998.djvu/315

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tigen Bemühens der österreichischen Regierung um einen Ausbau der Fürsorgeaktivitäten, trotz einer rechtlichen Verankerung des Flüchtlingsschutzes[20] und trotz garantierter Zusagen für eine Hilfeleistung auch nach der Rückkehr in die Heimat waren bald auch die ökonomischen Kapazitäten des Staates weitgehend erschöpft. Die Versprechen waren nicht mehr einzulösen und die Allmacht des absolutistischen Obrigkeitsstaates versagte zusehends überall da, wo es Übergriffe der einheimischen Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen zu verhindern galt. Das Problem hatte zudem inzwischen insofern eine Eigendynamik angenommen, als das ursprüngliche Lagersystem zwar nicht vollständig aufgegeben wurde, aber die Regierung immer häufiger dazu überging, den Flüchtlingen verschiedene Aufenthaltsgemeinden zuzuweisen, wo sie sich mit einem jeweils 14tägig vorausbezahlten, angesichts der rasch steigenden Kriegsinflation allerdings viel zu gering bemessenen Unterstützungsbeitrag selbst zu versorgen hatten.[21]

Diese Variante bot ihnen in der Folge zwar einen grösseren individuellen Freiraum, doch waren sie dadurch gleichzeitig in wesentlich höherem Masse den zunehmenden Anfeindungen der einheimischen Bevölkerung ausgesetzt.[22] Auch das Mitgefühl war selten geworden, und die lange Dauer der Zwangsmigration machte es selbst denjenigen unter den Flüchtlingen zunehmend schwerer, die noch immer loyal an die Existenzfähigkeit der multinationalen Monarchie glaubten. Mussten doch auch sie erkennen, dass die Realität inzwischen weit entfernt war vom lange krampfhaft aufrechterhaltenen Mythos, dass die Österreicher als Bürger des Vielvölkerstaates besonders für das Verständnis anderer Völker geeignet wären.[23]

All die positiven und wohl überwiegend negativen individuellen Erfahrungen und Wahrnehmungen hingegen, welche die Flüchtlinge mit einer überforderten Bürokratie, mit der Exekutive, mit den Lagerverwaltungen, den politischen Vertretern oder aber mit der einheimischen Bevölkerung gemacht hatten, nahmen sie indes nach dem Zusammenbruch der Habsburger monarchie im Herbst 1918 in die «neue Heimat» mit..[24] Und sie sollten es ihnen zumindest erleichtern, jene neuen staatlichen Grenzen zu akzeptieren, die nach dem Ersten Weltkrieg im Zuge der staatlichen Neuordnung Mitteleuropas nicht nur im Alpenraum am grünen Tisch der grossen Politik gezogen wurden. Für die Flüchtlinge aus den ehemals südlichen Alpenbereichen der Monarchie, allen voran für die italienischen, eröffnete sich nach Kriegsende im Vergleich zu ihren zahlreichen Leidensgenossen aus den ehemaligen Ostgebieten zumindest die psychologisch nicht zu unter-

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KUPRIAN: FLÜCHTLINGE UND VERTRIEBENE IM ALPENRAUM»