hatte, der sich - wenn es sich um einen Wallfahrtsort handelte - über mehrere Tage erstrecken konnte.
Naturgemäss hingen die Dauer und die Entfernungen, die bei derartigen Wanderungen zurückgelegt wurden, in hohem Masse von den verwendeten Verkehrsmitteln ab: Eisenbahn, Automobil und Flugzeug verkürzten den zeitlichen Aufwand und verlängerten die Distanzen, sie erweiterten aber auch die Ursachen kurzfristiger Wanderungen um die breite Palette der freizeit-orientierten Mobilität, die in früheren Jahrhunderten den Adeligen, Geistlichen und bürgerlichen Eliten der Gesellschaft Vorbehalten war.
Wie weit das Feld ist, das sich in dieser Hinsicht der historischen Forschung erschliesst, braucht kaum eigens betont zu werden. Auch wenn derartige kurzfristige Wanderungen - wie bereits erwähnt - so selbstverständlich sind und waren, dass sie einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht würdig genug erschienen, so gehörten sie mindestens ebenso sehr zum Leben und zur tagtäglichen Mobilität früherer und jetziger Generationen wie die spektakuläreren, weil nicht so selbstverständlichen Wanderungen der zweiten und dritten Gruppe. Wie fruchtbar eine intensivere Beschäftigung mit den kürzeren Wanderungen sein kann, hat etwa Bernard Amouretti mit seiner Untersuchung der Leute gezeigt, die auf der Strasse zwischen Le Bourg d’Oisans und Briançon unterwegs waren.[2] Zwar geht es bei ihm vor allem um die von mir bisher noch nicht genannte Gruppe von Reisenden, deren Tätigkeit am unmittelbarsten mit Mobilität verbunden war, nämlich um die Fuhrleute, Hausierer und andere Handeltreibende. Doch bieten sich - sofern die Quellen es erlauben - auch andere Bevölkerungsteile für derartige Fallstudien an. Ethnologen, Soziologen und Humangeographen kommen als Autoren dafür ebenso in Frage wie Wirtschafts-, Sozial- und andere Historiker. Aber auch für den Fall, dass man sich vorerst auf die von Amouretti untersuchten Berufsgruppen beschränken will - man könnte sie um die ebenso mobilen Bettler, Schmuggler und Vagabunden erweitern -, so bleiben genügend Alpentäler, in denen die Einheimischen ebenfalls einen Grossteil des inneralpinen wie des transalpinen Verkehrs besorgten und daher nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch im Sinne einer vergleichenden, allgemeine Erkenntnisse fördernden Geschichtsschreibung untersucht werden sollten.
Wesentlich besser, obwohl noch lange nicht ausreichend erforscht sind die Wanderungen der zweiten Gruppe, nämlich die saisonalen und temporären Wanderungen. Schon seit Jahren sind sie Gegenstand der historischen