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Page:Labi 1998.djvu/137

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Wenngleich seit Friedrichs II. Kaiserkrönung 1220 kein deutscher beziehungsweise römischer König die Kaiserkrone mehr erworben hatte, war doch sein Anrecht auf sie in ganz Europa anerkannt. Der Weg jedes künftigen Kaisers in die Krönungsstadt Rom führte durch die Alpen. Jeder von ihnen musste sich also angesichts seiner unzureichenden realen Autorität mindestens einen der grossen, für ein Heer mit Tross benützbaren Alpenübergänge sichern, indem er die entsprechenden Territorien entweder unmittelbar selbst beherrschte oder sich mit den jeweiligen Territorialherren verband. Da im 14. Jahrhundert abgesehen von König Wenzel nie der Sohn auf den Vater folgte, sondern stets das Herrschergeschlecht wechselte, stand das Alpengebiet im Brennpunkt der Herrscherpolitik.

Folgende Machtverhältnisse finden wir im Umkreis der von Deutschland aus begehbaren Pässe zu Beginn des 14. Jahrhunderts vor:

Die westlichen Pässe lagen im alemannisch-burgundischen Raum, der politisch stark zersplittert war.[1] Als Hauptmächte sind einerseits das Haus Savoyen, die mit diesem rivalisierenden Habsburger, der Dauphin, andererseits aber auch die Städte, der Bischof von Chur und die reichsfreien Waldstätte zu nennen, die sich in der Zeit König Albrechts in die habsburgischen Besitzungen gleichsam einreihten. Die Pässe der Zentralalpen, der St. Gotthard und der Septimer, lagen im Gebiet der Habsburger und des Bischofs von Chur,[2] während die Ostalpenpässe, der Brenner und Pontebba, im Machtbereich des Herzogs Heinrich von Kärnten, gleichzeitig Graf von Tirol und Görz, sowie des Patriarchen von Aquileia lagen.[3]

König Albrecht verfügte also in seinen Stammlanden über geeignete Alpenübergänge, so dass er keine Erwerbspolitik zu betreiben brauchte. Sein Nachfolger allerdings, der im Nordwesten des Reiches begüterte Luxemburger Heinrich VII., der von vornherein angesichts seiner geringen Expansionsmöglichkeiten in Deutschland die Herrschaft über Italien und den Kaisertitel anstrebte, musste sich den Alpenübergang durch seine Politik sichern. Der Durchzug durch die Lande Herzog Heinrichs von Kärnten war allein schon wegen der Rivalität um das Königreich Böhmen unmöglich, das der König gegen die Erbansprüche des Kärntners seinem Sohn Johann übertrug.

Ähnlich sah es mit den Pässen im Herrschaftsgebiet der Habsburger aus. Zwar hatte Heinrich drei Tage nach seiner Wahl, also am 30. November 1308, den Söhnen seines Vorgängers versprochen, ihnen alle Rechte und Lehen zu bestätigen,[4] doch waren vor allem im alemannischen Raum (im Eisass

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HISTOIRE DES ALPES - STORIA DELLE ALPI - GESCHICHTE DER ALPEN 1998/3