„Ich habe mir die Menschen ganz richtig vorgestellt: Dies setzt allem die Krone auf.“ Sie äußerte:
„Du entschuldigst wohl, ich muß meinem Vogel Futter geben.“
Aber den Vogel, der sie langweilte, vergaß sie gleich wieder und dachte einige Tage an nichts so inständig, wie an Jennys Aufschlüsse. Sie riefen phantastische Bilder hervor; und so oft Lola sich über diesen Vorstellungen ertappte, ekelten sie sie. Allmählich zogen sie sich zurück und warfen nur manchmal noch melancholische Schatten herauf. „Ach, daß es keine reine Liebe gibt.“
Ein Brief von Pai brachte sie davon ab. Pai schrieb aus Argentinien, wohin seine Geschäfte ihn genötigt hatten.
„Es geht alles nach Wunsch, und ich darf hoffen, mich bald an dem Ziel zu sehen, das ich mir vorgesteckt habe: die Meinen sicher zu stellen und sie in meinem Lande zu vereinigen. Vorerst denke ich Dich, mein Kind, in nächster Zukunft dort aufzusuchen. Nur eine kurze Rückkehr nach Rio ist geboten.“
„Und dort hält dann wieder irgend etwas ihn fest,“ dachte Lola. „Das kennen wir doch.“
Sie glaubte Pai nicht mehr. Vielleicht hatte er die besten Absichten; aber so vieles war ihm wichtiger als Lola und lenkte ihn von ihr ab. Nach all den Jahren konnte er sich höchstens sagen: Ich habe eine Tochter, und den Gedanken an seine Tochter gern haben. Lola gern haben konnte er schwerlich: kannte er sie doch gar nicht.