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Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/79

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sie, um sechs in die Gartenlaube zu kommen, sie werde alles erfahren. Lola war entschlossen, nicht hinzugehen. Als es dämmerte, saß sie am Fenster ihres Zimmers. Drunten stapfte Asta, lang und gebückt, in Gummischuhen durch den Schnee. Lola sah nachdenklich zu. Plötzlich nahm sie ihren Mantel und stieg hinab.

„Nun?“ fragte sie und trat unversehens hinter den Lebensbäumen hervor. Asta schnellte von der Bank auf.

„Verzeih,“ stammelte sie. „Verzeih! Ich wollte dich nicht belügen, aber im Beisein der andern konnte ich dir’s nicht sagen.“

„Es tut nichts,“ entgegnete Lola. Dieser kleine magere Kopf mit dem dünnen Haar und der Nase wie bei einem Totenschädel erbarmte sie. Sie stellte sich vor, sie hätte ihn küssen sollen, und ihr schauderte. Noch mehr aber fürchtete sie sich davor, diesem Wesen weh zu tun.

„Wer hat denn für dich geschrieben?“ fragte sie sanft. Asta schlug die Augen nieder.

„Ich habe meine Briefe einem der Dienstmädchen mitgegeben, und sie hat sie in der Stadt abschreiben lassen.“

Sie atmete beklommen.

„Wie du gütig bist, Lola, daß du kommst. Ich verdiene das nicht.“

„Warum nicht?“ fragte Lola, und fand ihre Frage nicht ganz ehrlich.

„Weil du so schön bist und so reizend. Alle

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