„Es ist sehr gut,“ sagte Claudia, „daß du deine Briefe nicht bei dir aufbewahrst.“
„Da ich täglich meinen Schreibtisch durchsucht finde! Da Pardi sogar auf der Post nach Briefen fragt, die für mich lagern! Da meine Jungfer das Futter meiner Kleider auftrennt und ich mich nicht ausziehen kann ohne das Auge eines Spions am Schlüsselloch!“
„So sind sie,“ bestätigte Claudia; „so ist auch meiner. Und darum, Lola, sind deine Briefe auch bei mir nicht sicher. Mein Mann wird mich töten, ich weiß es. Sieh hier meinen Hals: das Rote, Geschwollene ist die Spur seiner Finger. Es war nur ein Verdacht, ich habe ihn noch besänftigt. Aber einmal wird er nicht wieder loslassen…“
Claudias Gesicht war von Schicksal steinern.
„Und wenn dann nicht er das Versteck mit deinen Briefen findet, finden’s die anderen, die nach solchem Unglücksfall in ein Haus kommen … Lolina, du mußt die Briefe verbrennen.“
Lola senkte klagend die Stirn.
Aber als das Opfer vollzogen war, ward ihr, inmitten des Schmerzes, fast heiter. Das letzte Sichtbare, den Fremden Greifbare war aufgelöst. In diesem täglich verbrannten Stück Papier, auf dem seine Hand gelegen hatte, ward täglich der Körper überwunden. Was blieb, war Geheimnis und Seele. Von einem Entrückten wußte Lola Worte, die seine Stimme nicht gesprochen hatte, und die kein Auge erspähen konnte. Wieder floß eine Geisterwelt lautlos durch