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Page:H.M. Minerva.djvu/311

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Endlich gelangte der Knabe auf ein geräumiges Dreieck, mit Gras bewachsen und seit langem erobert und formlos gemacht von wuchernden Hecken. Ein Vorhang hoher Platanen, die Epheu bekleidete, war vor ihnen herabgelassen. Den spitzesten Winkel des Platzes schnitt er ab. Nino drückte sich hindurch, in das Versteck. Da ruhte unter einem hängenden Felsblock, im hohen Rasen, etwas Begrüntes, Marmornes. Es war wohl einmal eine Brunnenschale gewesen; noch früher ein Sarkophag. Darüber, am Felsen, starrte eine große steinerne Maske; ehemals hatte sie gewiß Wasser gespieen. Eine zweite, mit hohlen Augen und aufgerissenem Munde, gähnte in der Wand des antiken Troges; sie hatte einst das Überquellende entlassen.

Nino brach ein Loch in den Epheu, der die Ränder überrankte. Er kroch in die Höhlung und streckte sich auf die Kissen trockener Pflanzen. Eine Blindschleiche glitt ihm durch die Finger und verschwand. Dann war er ganz allein. Über ihm, an der luftigen Decke aus herzförmigen Blättern, humpelte, mit dem Rücken nach unten, ein dickbäuchiger Käfer. Es war still, kühl, es duftete nach welkem Laub. Er brauchte sich nur halb aufzurichten und konnte sein Gesicht in die Maske hineinlegen, die als Ausfluß gedient hatte. Aus ihren Augenhöhlen lugte er, zwischen den Platanen hindurch, auf das verwahrloste Dreieck mit dem unbetretenen Rasen. Ein paar Sonnenstrahlen fanden und verloren sich darin. Eine Blume glänzte auf. Eine Meise sang. Der Himmel war dunkelblau. Nino fiel zurück und schlief ein.

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