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Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/383

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„Vielleicht hat er recht, und es brennt bei mir?“

„Denn diese Stadt wars, über die Jesus weinte, als er über Jerusalem weinte! Kein Stein, sage ich euch, bleibt auf dem anderen. Wehe! schon stürzt das Rathaus ein, und ich sehe, wie es euch erschlägt: dich, Fierabelli, dich, Coccola, euch Weiber da, — und haltet das Kind, haltet!“

Ein langer Schauder. In der Kapelle Torroni fiel vom Schenkel des Posaunenengels ein kleiner Druso herunter und winselte. Die Mutter überrannte jammernd die Leute.

„Die Sache wird ernst“, murmelte unter dem Chor der Gevatter Achille. „Hat er nicht auch mich genannt?“

„In den Dom!“ rief Don Taddeo, und seine Stimme überschlug sich. „Alle in den Dom! Kein anderes Dach mehr gegen den Feuerregen. Vielleicht, daß Gott ihn aufhält, wenn ihr betet. Nein, Gott zählt euch: ist ein Gerechter unter euch, einer? Dies ist die äußerste Minute…“

Die Augen des Priesters gingen von Mensch zu Mensch; jedem brach die Hitze aus, niemand atmete mehr. Seine Lippen öffneten sich wieder; noch kam aus ihnen kein Hauch, aber eine Frau schrie schwach auf: Frau Zampieri war in Ohnmacht gefallen, — und da kreischten sie, eine hinter ihr, eine drüben, kreischten, die Augen verdreht, in ihre gepreßten Hände, kreuz und quer durch das Schiff bis vor die Füße des Priesters. Er ließ langsam den Kopf auf die Brust hinab und sagte, halb erloschen:

„Keiner. Es komme das Feuer.“

Ein Fall: alle lagen auf den Knien. Die gebückten Nacken zitterten, als erwarteten sie einen Griff. Die Menge gab Laute von sich, wie der bewegte Halbschlaf eines Sterbenden.

„Nur ein Haus bleibt stehen!“ befahl Don Taddeo schrill. „Von der ganzen Stadt nur eins: das Haus in der Via Tripoli!“

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