Jump to content

Page:H.M. Diana.djvu/175

From Wikisource
This page has been proofread.

überaus langmütig. Verbannung, Armut, Verlassen heit sind seine sanften Lockungen, daß Sie ihm folgen sollen. Folgen Sie ihm! Unterwerfen Sie sich der Gnade! Thun Sie es schon aus Klugheit! Sie sollen sehen, wie Ihnen dann alles gelingt! Ein wie reicher Lohn winkt Ihnen alsdann!“

Sie warf dazwischen:

„Wer hat ein Recht mich zu belohnen?“

Doch überhörte er es. Er sang jetzt und wimmerte und warb, in der schulmüßigen Abstufung und unter der mimischen Begleitung, die ihn für seinen Beruf gelehrt war. Sie kannte Tamburini kaum noch. Seine Augen rollten, aus schiefem Kopf, verdreht und weiß zur Decke. Seinem sehr irdischen, noch kürzlich mit guten, gehaltvollen Speisen angefüllten Leibe entstieg eine völlig unvorhergesehene Verzückung. Auf die Dauer erfaßte sie bei seinem Anblick eine Art Scham und etwas wie Verschüchterung. Sie folgte seinen Blicken: dort oben hing eine Muttergottes, ältlich, mit grellblauem, weit ausgebreitetem Mantel. Fromme Frauen und Heilige knieten verkleinert darunter, gleich untergekrochenen Küchlein.

„Sub tuum praesidium refugimus!“ rief Tamburini aus, und die Herzogin mußte zugeben, er habe die begleitenden Umstände für sich. Die häßliche, dunkelgrüne Tapete mit ihrem leisen Weihrauchduft, die schwarzen, vom Gebrauch geglätteten Möbel, die zusammengestoßen nur noch gedämpft rumpelten, — alle die dumpfigen Erinnerungen in den geflossenen Zimmerchen dieser Priesterwohnung berechtigten seine

159