Jump to content

Page:H.M. Der Untertan.djvu/420

From Wikisource
This page has been proofread.

Sie waren ein Gelegenheitskauf bei Cohn gewesen; obwohl Cohn das Heßlingsche Papier abbestellt hatte und noch immer nicht national empfand, hatte Diederich sie in seiner Einrichtung nicht missen wollen. Guste warf sie ihm vor, wenn er ihren Hut zu teuer fand.

Guste begann in letzter Zeit launisch zu werden, auch kamen ihr Übelkeiten, während deren sie sich im Schlafzimmer von der alten Frau Heßling pflegen ließ. Sobald es ihr besser ging, erinnerte sie die Alte daran, daß hier eigentlich alles mit ihrem Geld bezahlt war. Frau Heßling verfehlte nicht, die Heirat mit ihrem Diedel als eine wahre Gnade hinzustellen für Guste, in ihrer damaligen Lage. Zum Schluß war Guste rot aufgebläht und schnaufte, Frau Heßling aber vergoß Tränen. Diederich hatte den Nutzen davon, denn beide waren nachher mit ihm die Liebe selbst, in der Absicht, ihn, der nichts ahnte, auf ihre Seite zu bringen.

Was Emmi betraf, so schlug sie, ihrer Gewohnheit folgend, einfach die Tür zu und ging hinauf in ihr Zimmer, das eine schräge Decke hatte. Guste sann darauf, sie auch daraus noch zu vertreiben. Wo sollte man bei Regen die Wäsche trocknen. Wenn Emmi, weil sie nichts hatte, keinen Mann fand, mußte man sie eben unter ihrem Stande verheiraten, mit einem braven Handwerker! Aber freilich, Emmi spielte sich auf die Feinste in der Familie hinaus, sie verkehrte mit Brietzens … Denn dies erbitterte Guste am meisten, Emmi ward zu den Fräulein von Brietzen eingeladen — obwohl diese das Haus nie betreten hatten. Ihr Bruder, der Leutnant, würde Guste, von den Soupers bei ihrer Mutter her, wenigstens einen Besuch geschuldet haben, aber nur der zweite Stock des Heßlingschen Hauses ward von ihm für würdig be-

414