Läuschen und Rimels/Hei möt'e ran
Baron von Mulderjahn up Groten-Klagen,
Den Hogen-Schullen ok ded hüren,
De let nah sinen Kutscher fragen,
[142]De Kutscher süll nah Rostock führen.
»Jehann«, säd hei, »mach dich parat un spann
Die beiden besten Braunen an
Un fahr damit nach Rostock, immer schlanken Trab,
Nimm diesen Brief und gib ihn ab
Beim Herrn Doctor juris Witten,
Mach ihm mein Kompliment, ich ließ ihn bitten,
Er möcht doch selbst gleich auf der Stelle
Mit dir nach Größen-Klagen kommen;
Du hättst deshalb für alle Fälle
Ein eignes Fuhrwerk mitgenommen.
Er müßte fahren in dem Augenblick,
Und ohne Doktor kommst du nicht zurück!«
»Je, Herr Baron, wenn hei nu doch nich will?«
»Ei was! Kein Widerwort! Und still,
Wenn ich was sag! Du hast jetzt den Bescheid.
Ich bin in schrecklicher Verlegenheit.«
»Dat glöw ick sacht! Dat is hei ümmer«,
Seggt, as hei buten is, oll Kutscher Brümmer,
»Hei’s ümmer in Verlegenheit un ümmer doch mit Listen,
Un schüllig is hei all’ns, bi Juden un bi Christen.«
Hei makt sick farig, spannt dunn an
Un jöggt nah Rostock, wat hei kann,
Un dröggt den Breiw nah Dokter Witten.
De lest den Breiw un smitt en
Verdreitlich bi de Sid un seggt ganz argerlich:
»Was meint Sein Herr, was denkt er sich?
Meint er, ich hab nichts anderm aufzupassen,
Als mich mit seinem Unsinn zu befassen?
Ich muß nach meinem Gut verreisen morgen,
Dort hab ich Nöt’ges zu besorgen.«
»Denn helpt dat nich!« seggt Kutscher Brümmer,
»Wat möt, dat möt. Denn möt ick mi gedüllen.
Ick säd’t em woll, doch hei säd ümmer,
[143]Sei müßten kamen un Sei süllen.«
Un dormit geiht hei hen, wo hei logiert.
De Dokter Witt, de stiggt tau Pird
Un ritt heruter nah sin Gaud.
Hir hett hei sick nu wollgemaud
In sinen Lehnstaul eben set’t,
Hett sick ’ne frische Pip instoppt
Un dampt vergnäuglich noch so fett,
Dunn ward an sine Dör ankloppt.
»Herein!« seggt Dokter Witt, »wer süll dat sin?«
Un Kutscher Brümmer kümmt herin.
»Gu’n Abend, Herr, na, ick bün hir
Un wull man fragen, wenn wi führen.«
»Ist Er nicht klug? Was folgt Er mir?
Was hat Er mir hier nachzuspüren?
Ich will von Seinem Herrn nichts wissen,
Ich fahre nicht mit Ihm; ich werde morgen
Nach Brandenburg verreisen müssen,
Ich hab dort manches zu besorgen.«
»Na, gaud«, seggt Brümmer, »wenn Sei denn nich willen,
Denn helpt dat nich, denn möt ick mi gedüllen.«
De Dokter führt tau rechte Tid
Nah Bramborg hen, doch wat geschüht?
As hei bi Fritzing Reicherten sick eben
Hett laten wat tau eten gewen
Un just ’ne Buddel Win hett vör,
Dunn kloppt dor wer an sine Dör.
»Herein!« röppt hei, un wer kümmt rinner?
Wohrhaft’gen Gott, oll Kutscher Brümmer!
»Gu’n Dag! Na, ick bün hir un wull man fragen,
Wi sünd nu dicht bi Groten-Klagen ...«
»Kerl, sag Er mal, ist Er denn rein verrückt?
Nun paß Er auf, nun will ich Ihm was sagen;
Nun sag Er dem, der Ihn geschickt:
[144]Ich wollt mit seiner Lumperei mich nicht befassen.
Ich hab die Sache endlich dick,
Der Herr Baron kann sich was malen lassen;
Ich muß nach meinem Gut zurück.«
»So geiht’e gaud!« seggt Kutscher Brümmer,
»Ick säd dat woll, so würd dat gahn,
Doch wenn ein ’t Mul updeiht, denn heit dat ümmer:
Halt’s Maul, Er Schafskopf, Dummerjan!
Na, wenn Sei denn nich mit mi willen,
Denn helpt dat nich! Denn möt ick mi gedüllen.«
Den annern Dag sitt will un woll
De Dokter up sin Gaud tau Lütten-Protokoll.
So heit dat Gaud, so hadd hei’t näumt,
Wil hei’t sick hadd mit Schriweri verdeint.
Hei sitt in gaude Rauh, dunn kloppt dor wer.
»Herein!« – Oll Brümmer kümmt herin: »Gu’n Abend, Herr!
Na, wenn Sei’t paßt, denn will’n wi morgen führen.«
De Dokter denkt, de Slag, de sall em rühren.
»Infamer Kerl, dies is doch rein zu toll!
Mir nachzukommen hier nach Kleinen-Protokoll!
Ist Er verrückt! Und ich behext?
Sein Herr kann gehen, wo der Pfeffer wächst!
Nun will ich Ihm zum letzten Male sagen:
Die Nacht kann Er hier nun noch bleiben,
Doch ist Er morgen früh um vier
Nicht runter von dem Hof, ist Er noch hier,
Dann laß ich von dem Hof Ihn treiben,
Mit Hunden Ihn herunter jagen,
Und krumm und lahm lass’ ich Ihn schlagen.
Und seinem Herren kann Er sagen:
Ich wollt mich nicht mit Narren plagen,
Nu könnt er gehn und mich verklagen,
Ich tät den Teufel darnach fragen.«
»Na, denn adjüs, Herr Dokter Witt!
Wenn dat nich is, denn is dat nich!«
[145]Doch as hei buten is, seggt hei tau sick:
»Hei sall’e ran! De Kirl sall mit;
Wir hei de tagst ok up de Welt
Un hadd hei up den Kopp sick stellt,
Ick krig em doch noch bi den Kragen,
Hei sall’e ran! Hei sall nah Groten-Klagen!«
Den annern Morgen führt uns’ Brümmer,
Un ’s Abends gegen achten rümmer
Is hei tau Städ un geiht taum Herrn Baron.
»Nun endlich! Bist du endlich da?
Nun Gott sei Dank! Ich warte lange schon!«
»Dat segg’n Sei woll! Je ja! Je ja!
Dat is man so, as kumm man ball:
So’n Ort, de lett so fixing sick nich krigen.«
»Wo ist er denn? Wo ist er abgestiegen?«
»Wo süll hei sin? Hei ’s unnen in den Stall!«
»Im Stall? Der Doktor in dem Stalle?
Als wär’s ein Hofjung’ oder Knecht!
Und meine schönsten Zimmer alle
Sind fast für solchen Mann zu schlecht.
So’n Schafskopf! ’s ist doch fürchterlich!
Der Doktor Witt muß in dem Stalle warten!«
»Rupbringen, Herr, lett hei sick nich!
Denn Treppen? – Ne, kann hei nich stigen,
Un witt is hei ok nich, dat is en Swarten;
Un ick dank Gott, dat ick man den’n ded krigen.«
Den Herrn Baron up Groten-Klagen,
Bi den’n dat süs all nich ganz richtig was,
Den’n würd tau Sinn, as wenn hei langs un dwas
Mit einen Dämelsack wir slagen.
En Swarten? – Un kein Treppenstigen? –
De Dokter Witt? – Un unnen in den Stall?
Hei fröggt un fröggt. – Wat helpt dat all?
Ut Brümmern is nicks rut tau krigen,
Un uns’ Baron von Mulderjan
[146]Möt sülwst man nah den Stall rungahn.
Hei kikt un söcht, söcht vörn un hinnen,
En Dokter is dor nich tau finnen.
»Wo ist er denn, du Schafskopf, wo?«
»Ih, Herr Baron, dor steiht hei jo.«
Ick denk, nu lus’t de Ap den Junker!
»Wie? – Was?« schrigt hei, »Kerl, bist du toll?
Das ist ja ’n schwarzer Wallach, du Halunke!«
»Je, Herr Baron, dat segg’n Sei woll!
Ick hadd Sei dat doch fast verspraken;
Sei säden doch, hei müßt un süll.
Nu wull hei nich. Wat süll ick maken?
Wenn einer nu abs’lut nich will!
Ick künn em doch dortau nich dwingen
Un mit Gewalt em mit mi bringen.
Nu heww’ck sin Ridpird ut den Stall em namen;
Nu passen S’ up, nu ward hei sülwst woll kamen,
Nu sall hei woll! Nu kümmt hei morgen an,
Wat gelt de Wedd? Hei sall’e ran!«