Ein Kindermädchen
Ein Kindermädchen. | |
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Author: | Fritz Reuter |
Text type: | Gedicht |
Comment: |
from: Polterabend-Gedichte
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(von einer jungen Dame vorgestellt,
mit einem Kinde von 8 bis 10 Jahren.)
Die Kleine läuft in den Kreis der Gäste hinein;
das Mädchen erhascht sie beim Rock.
Mädchen:
Nu seiht dat Ding! – Wo wist du hen?
Is dat en Loopen un ein Gerönn!
Bald hier, bald doa, bald buten un bald binnen,
Bald sitt s' mi vörn, bald sitt s' mi hinnen,
Bald up den Hof, bald in den Gohren.
Ach Gott! Ach Gott! Dat Kinnewohren!
Die Kleine:
Ja, aber Hanne, Mutter hat gesagt,
Ich sollte frei herein hier treten.
Mädchen:
Ach Gott! Dien Mutte! Dat sie Gott geklagt!
Versteiht dei ok woll man en bäten,
Wat sich hier schickt un wat sich paßt?
Ach, Kinne sünd ne wohre Last!
Die Kleine:
Ja, aber Hanne, meine Mutter sagte mir,
Ich sollte mich dreist nur zeigen hier
Und in die Augen gucken jedem
Und frei nur von der Leber reden.
So wird es wohl am besten sein,
Denn meine Mutter ist so fein...
Mädchen:
Je nu, süh, kiek, nu seih mal ein!
As wenn ick ok vielleicht nich wüßt,
Wo man sich hier bedragen müßt?
O nee, mien Döchting, nee! Ick weit
Ok mit dei Höflichkeit Bescheid.
Nee! Ick bün ok nich in'n Däs':
Süh, ierst kümmst bi un putzt di hübsch dei Näs'.
(Sie verrichtet dies Geschäft bei der Kleinen.)
Un denn, denn maakst du deipen Knicks.
(Das Mädchen macht alles vor,
die Kleine macht es nach.)
Süh so! – Un so! – Un noch einmal!
Un kiehrst di süs an wiere nicks
Un schleist dei Oogen up dei Schört hendal!
(Die Kleine tut nach der Vorschrift.)
As wenn du vör Velegenheit nich wüßt,
Wat tau dei Bruut du seggen süst.
Un wenn du dat hest dahn, un wenn du denn
Mit dese Anstalt fahrig büst,
Denn geihst du nah dei Bruutlühr hen.
(Sie geht mit niedergeschlagenen Augen
statt zum Bräutigam auf den Vater
und die Mutter der Braut los.)
Die Kleine:
O Hanne, sag, bist du denn ganz verrückt?
Du sagst, du wüßtest, was sich schickt
Un was sich paßt, und siehe da!
Du gehst ja zu der Braut Papa,
Als wenn der heut noch Bräutjam wär!
Mädchen:
Bün ick denn schuld, du dummes Jöhr!
Wat stellt hei sich denn vör mi her?
Wat süht hei denn so jung noch ut?
Un sine Fru, as wier s' noch Bruut?
Nee, kiek, wo s' beir noch nüdlich laaten
Un sich so in dei Oogen faaten
Un mit enanne noch so schmüstern,
Doa möt de Deuwel jo vebiestern.
Die Kleine:
Ach Hanne, sei doch nicht so dumm!
So guck doch mal um dich herum.
Kopf in die Höh und aufgeschaut!
Sieh, Tante N. N. ist die Braut.
Dort sitzt sie auf dem Verwunderungsplatz,
Und neben ihr ihr süßer Schatz.
Mädchen:
Ih, rehr und drähn. Un schnack un dauh!
Dien Tanten N. N. wad nich friegen;
Dei is noch vähl tau jung doatau.
Wenn so'n Oart ok all friegen deiht,
Denn müst'ck nah grar ok einen kriegen.
Die Kleine:
Ei was! Mit dir hat es noch Zeit,
Du kriegst noch früh genug en Mann.
Komm jetzt nur zu der Braut heran,
Und laß uns keine Zeit verlieren,
Wir wollen hübsch ihr gratulieren.
(Zur Braut.)
Ach Tante N. N., ich bin so froh,
Dich hier als Braut heute sitzen zu sehn.
Ach, glaub es mir, Tante, ich freue mich so!
So ist es recht, so ist es schön!
Mädchen:
Ja, freuen dauhn w' uns goa tau sihr,
Ja, freuen dauhn w' uns all tausamen,
Un freuen dehrn w' uns noch vähl mihr,
Hahrn Sei sich nich so'n Lütten nahmen.
Die Kleine:
Ach, Hanne, was sagst du? Er ist ja so nett,
Er ist ja so niedlich, oh, sieh ihn nur an!
Wenn ich bei dem Freien die Auswahl einst hätt,
Ich nähme noch einen viel kleineren Mann.
Mädchen:
Ick glöw benah, dat kreegst du t'recht!
Ja, Kind, ick will't wahrhaftig glöben!
Doch oll Josephy tau Stemhagen seggt:
Na, will'n man noch en bäten töben.
Die Kleine:
Ach Hanne, du sagtest, du weißt, was sich schickt,
Und hast hier verlegen nur um dich geblickt.
Sieh mich doch einmal, ich weiß, wie es muß,
Ich gebe dem Bräutigam dreist einen Kuß.
(Küßt den Bräutigam.)
Mädchen:
Küßt du den Brüjam, küß ick dei Bruut,
Dei süht doch noch vähl schmucke ut.
Doch, Kind, laat du dat Küssen sin!
In't Küssen sünd s' uns äwelegen,
Sei hebb'n 'ne Meisteschaft doarin,
Sei waren uns're Küss' nich mägen.
Uns' Küss', dei stimm'n noch nich so recht,
Sei beir, sei kriegens s' säute t'recht.
Drüm will'n wi uns man sachten drücken,
Dei Hanne weit, wat sich deiht schicken.