Allgemeines plattdeutsches Volksbuch/Dei Kinner von Hameln
Dei Kinner von Hameln.
Dat was in dei Stadt Hameln in't Hannöversch, da kem in olle Tid, as man schrew 1284 na Christi Geburt, ein Mann an, dat was ein Rottenfänger, dei seggt, hei woll vör ein gewisses Geld alle Rotten un Müs in dei ganze Stadt verdelgen. Dei Hamelnschen, dei sick all lang mit dat Untüg quält haren, seggen: Ja, dat Stück Geld süll hei hebben, wenn hei dei Rotten wegschaffen künn. Nu kriggt dei Rottenfänger 'ne lütt Pip rut un piept dörch dei Straten un wo hei piept, da kamen dei Rotten un Müs wie narrsch ut Hus un Hof un lopen hupenwis hinner em an. As hei nu alle Straten dörchpiept har, da geiht hei mit sin lütten grisen Lüd' dörch dat Dur na't Water, wat da dei Weser heit un geiht bet an dei Bost da hennin un all dei Rotten un Müs em na, so dat sei elendiglich versupen wie König Pharao sin Kriegsvolk in dat rode Meer.
Dat wir nu so wit gaut, äwest dei Hamelnschen argerten sick, dat dei Rottenpiper gar kein Plag un Mäuh von de Sak hatt har un blot mit sin Kunst dat Geld verdeint, ahn ornlich Fallen tau stellen und Gift tau leggen. Dat wir jo ein wahres Sündengeld, wat sei em verspraken Haren, un wenn hei dei Hälft kreg, so wir dat vor sin beten Pipen hupen naug, meinten sei. Wenn hei dat nich woll, so müßt man anners mit em spreken un em wegen sin Düwelsknep in'n Thurn schmiten; un dei Weserfisch har hei ok verdorben, denn dei freten nu all von dat Aastüg.
Wat süll de Kunstmaker maken? Hei nimmt dat halwe Geld un geiht wirer. Äwest dat durt nich so lang, da wir deisülwig Rottenfänger werrer da, antrocken as ein Jägersmann un mit ein schreckliches Gesicht un einen groten roren Haut up. Dei Lüd' wiren grad in dei Kirch, da piept hei werrer dörch alle Straten, äwest up 'ne annre Art, denn da keimen kein Rotten un Müs — dei wiren weg un bleben weg —, da kemen dei leiwen Kinner, Jungens un Mäkens von't vierte Jahr an, un all den Rottenfänger na un mirren mang dei halwwussen Diern von den Borgemeister, dei den Rottenfänger am meisten tausett't har. Dei Kinner äwest lepen den Mann mit groten Freuden na un haren sick an dei Hän'n fat't un danzten man so un taulezt kem ein lütten stummen Jung, dei lerrt einen blinden, un denn keim noch ein Kinnermäken mit'n Kind, dei wull doch ok seihn, wo dat denn hengüng. Dei Tog güng ut dei Stadt rut na den Köppelberg, dei ded sick up, dei Piper güng irst rin un dun all dei Kinner na bet up den stummen un den blinden Jung, dei kemen irst an, as dei Barg all werrer tau gahn wir. Dat Kinnermäken kihr nu ok üm un bröcht dat Geschri ut in dei Stadt, dat dei Kinner in den Köppelbarg lerrt wiren. Einhunnert un dörtig Kinner har dei Barg äwerschlaken un sei wiren weg un bleben weg.—
So schrecklich sünd dei Hamelnschen vor ehren Giz straft. An dei Stär, wo dei Barg taugahn wir, sett'ten sei twei Graffkrüze un in dei Kirch un an't Rathhus is dei Geschicht noch hüt un dissen Dag tau seihn un tau lesen. Ob dat äwest wahr is, dat dei Kinner von Hameln ünner dei Ird wit, wit weg na dat Land Siebenbürgen führt sünd, wo ehr Nakamen noch leben sälen, dat weit ick ok nich.